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Rad-WM in Zürich setzt auf Nachhaltigkeit

Auf die Sättel, fertig, grün!

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Ende September wird Zürich zum vierten Mal Austragungsort von Rad-Weltmeisterschaften. Dabei sollen dem Publikum und den Sportlerinnen mit einem Nachhaltigkeitskonzept auch ein gesellschaftlicher Mehrwert geboten werden.

53 Rennen. 1300 Fahrer aus 75 Nationen. Rund eine Million Zuschauerinnen und Zuschauer an der Strecke. 300 Millionen vor dem TV. Zürich rückt zwischen dem 21. und 29. September ins Zentrum der Sportwelt.

Wer die letztjährigen Rad-Titelkämpfe in Glasgow verfolgte, weiss: Der Anlass verspricht Spektakel, Spannung und Emotionen – Radsport auf Weltniveau in Reinkultur. Damit dies möglich wird, ist von allen Beteiligten grösster Einsatz erforderlich.

Dies betrifft auch den gesellschaftspolitischen Teil der Veranstaltung. Die Organisatoren haben bereits bei der Bewerbung auf soziale und soziologische Aspekte wie Inklusion, Integration, Gleichstellung und Nachhaltigkeit gesetzt. Das erste Mal überhaupt werden eine Rad-WM und eine Para-Cycling-WM parallel durchgeführt. Mit anderen Worten: An jedem Tag finden sowohl Para- wie auch Non-Para-Rennen statt. Tobias Fankhauser, im lokalen OK für den Bereich Paracycling zuständig, sagt: «So kann der Gedanke der Inklusion richtig gelebt werden. Wir mussten in der Planung aber mehr als eine Zusatzschleife machen.»

Nachhaltigkeits-Managerin

Dass Nachhaltigkeit an der WM mehr als nur eine Floskel ist, zeigt auch die Besetzung des Organisationskomitees. Darin wurde die Position der Nachhaltigkeits-Managerin geschaffen – und mit einem prominenten Gesicht aus der Welt des Sports besetzt: mit Fabienne Dirksen, die unter ihrem Mädchennamen Reuteler an den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City im Halfpipe-Wettbewerb der Snowboarderinnen Bronze und im selben Jahr WM-Gold gewonnen hatte.  

Dirksen schloss an der Uni Zürich ein BWL-Studium ab und liess sich danach an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften im Bereich der Corporate Responsibility (Unternehmensverantwortung) weiterbilden. Ihre Motivation für die Funktion im WM-OK und für das Thema Nachhaltigkeit erklärt sie auch mit ihrer sportlichen Vergangenheit: «Als Schneesportlerin verbrachte ich viel Zeit in den Bergen. Und da erlebte ich mit eigenen Augen, wie sich die Natur veränderte und die Gletscher immer mehr zurückgingen.» Zu Beginn habe beispielsweise in Saas-Fee die Gletscherzunge bis in die Nähe des Dorfes gereicht – nun müsse man das Eis weit oben suchen, sagt die 44-jährige Schwyzerin. Auch die Auswirkungen auf tiefer gelegene Skigebiete seien markant: «Früher gingen wir mit unserer 11-jährigen Tochter regelmässig nach Bennau oder Bruni boarden oder Ski fahren. Heute sind diese Anlagen nur noch an wenigen Tagen im Jahr geöffnet.»

Umfassende Charta

Doch zurück aufs Rad – beziehungsweise zur WM in Zürich. Dirksen erstellte für den Anlass eine umfassende Nachhaltigkeitscharta, auf der die wichtigsten Punkte und Ziele ausformuliert und illustriert sind. So heisst es beispielsweise: «Die vier Dimensionen der Nachhaltigkeit – Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Management – integrieren wir in sämtliche Bereiche des Anlasses und in diverse das Ereignis überdauernde Begleitmassnahmen. Wir treiben innovative Ideen voran und hinterlassen ein positives Vermächtnis.»  

Dies erstreckt sich von der Mobilität und dem Anspruch, dass die Zuschauer per Velo oder öV anreisen, über die Verpflegung (mit einem breiten vegetarischen Angebot), den Begleitfahrzeugen (mehr als ein Drittel sind Elektroautos) bis hin zum Abfallmanagement, bei dem (wenn immer möglich) auf Einwegprodukte verzichtet und auf rezyklierbare Materialien gesetzt wird. 

Auf den Einwand, dass eine Sportveranstaltung, die riesige Zuschauermassen und damit auch grosse Verkehrsbewegungen auslöse, für eine solche Botschaft eine schlechte Transporteurin sei, sagt Dirksen: «Ein Sportevent bietet eine prominente Plattform, um die Menschen zu sensibilisieren. Wenn wir die Popularität der Sportlerinnen für unsere Ideen nutzen können, kommen wir schneller und besser an die Öffentlichkeit – und ans Ziel.»

Entscheidend sei, dass die Rad-WM ein «Vermächtnis» hinterlasse, das Zürich und Umgebung prägen werde; sei es durch kuratierte Velorouten, die als Zurich Rides gemeinsam mit Zürich Tourismus entwickelt wurden, durch die verstärkte Integration der handicapierten Mitmenschen ins öffentliche Leben oder durch die Gewährleistung einer barrierefreien Umgebung, in der sich auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität bewegen können. 

Auf die WM bezogen heisst das: In den Fan-Zonen werden sogenannte «Hosted-Areas» eingerichtet, in denen Menschen mit Einschränkungen und deren Begleiterinnen und Begleiter einen geschützten Platz finden. 

Ein besonderes Augenmerk legten die Organisatoren von Beginn an auf Hotelangebote für die teilnehmenden Nationen und insbesondere für die Para-Cyclists, da erfahrungsgemäss für jede internationale Grossveranstaltung barrierefreie Zimmer immer ein knappes Gut sind. Massgeschneiderte und vorreservierte Angebote, insbesondere auch für die teilnehmenden Teams und ihre Fahrerinnen und Fahrer mit Behinderungen, sind ein weiteres wichtiges Puzzlestück, damit das Ziel der Inklusion und Integration zu erreichen ist.

1500 Freiwillige

Die Inklusion wurde auch bei der Rekrutierung der rund 1500 Volunteers grossgeschrieben. So konnten sich Menschen mit Behinderung als Freiwillige registrieren lassen – inklusive einer Begleitperson. Oder mit anderen Worten: Inklusion und Nachhaltigkeit werden an der Rad- und Para-Cycling-WM 2024 mit letzter Konsequenz gelebt. Vom ersten bis zum letzten Meter.

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Erste Veröffentlichung:
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Letztes Update: 
28.8.2024
Das Grüne Trikot läuft Ende September aus.

Das Grüne Trikot endet am 30. September 2024. Es werden keine Energieberatungen mehr durchgeführt. Vereine, die ein Crowdfunding für ein Nachhaltigkeitsprojekt aufsetzen möchten, können noch vom Spendentopf des Grünen Trikots profitieren, bis dieser leer ist. Weitere Informationen dazu unter diesem Link: lokalhelden.ch/rb/dasgruenetrikot.

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